„Wir hamm auch Holländer im Fanklub“, wird quer über den Tisch gerufen. Lachen. Es ist Samstag Vormittag und die Ritterburg an der Castroper Straße füllt sich langsam. Die Tische und Bänke draußen in der Sonne sind schon alle besetzt. Die Straßenbahn karrt minütlich mehr Anhänger des VfL Bochum zur Haltestelle am Stadion. An der Ritterburg, einer der besonderen Fan-Kneipen, müssen sie fast alle vorbei.
Im hinteren Bereich der Gaststätte hängt ein großes Banner. „Bochumer Jungen“ steht drauf. Es ist der älteste Fanklub Deutschlands und man pflegt diese Tradition. Auch Peter Baars. Einer, der besagten Holländer. Mit dem Auto kommen er und zwei Freunde aus Haarlem und Amsterdam zu jedem Heimspiel anne Castroper. 250 Kilometer hin. 250 Kilometer zurück.
Peter Baars stößt mit seinen Freunden an. Das Fiege schmeckt. Das tat es schon immer. Sein erstes Fußballspiel in Bochum habe er vor 43 Jahren gesehen. Damals, am 1. August 1973, spielte der Londoner Großstadtklub FC Chelsea zu Ehren des 125-jährigen Vereinsjubiläums des VfL im Ruhrstadion vor. Die Recken Scholz, Eggert, Eggeling, Tenhagen und Höher immerhin gegen den Europacupsieger von 1971. „Damals schlug mein Herz noch nicht für den VfL.“ Aber ein klitzekleines Feuer war offenbar entfacht worden.
Bochum wird zweitklassig – Fans feiern trotzdem stundenlang im Ruhrstadion
Ins Stadion an der Castroper Straße fuhr er bis Ende der 1970er noch ein paar Mal. „Die hundertprozentige Liebe zum Klub ist mit dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte entfacht.“ Die „Unabsteigbaren“ mussten den bitteren Gang in die zweite Liga antreten und ausgerechnet der ungeliebte Stadtnachbar aus Wattenscheid war in diesem historisch denkwürdigen Spiel im Ruhrstadion zu Gast. Der VfL gewann 3:1 und Peter Baars war infiziert.
„Frag mich nicht, warum“, lacht der Holländer. Damals stand er in der Ostkurve. „Ich hatte Gänsehaut. Der Klub war abgestiegen, doch die Fans blieben noch über eine Stunde im Stadion und sagen. Das hat mich gepackt. In Meppen, zum ersten Zweitligaspiel des VfL, war ich natürlich am Start.“ Seitdem ist Baars ein Bochumer Junge. „Es ist ein ehrlicher Klub. Ich gehöre vom Charakter zu diesem Verein. Zu dieser Stadt.“ Fußball in den Niederlanden? Nicht sein Ding.
Für immer Bochum – Warum nicht?
„Wegen der schlimmen Krawalle und Fanausschreitungen gibt es in Holland die ClubCard“, alles sei so steril und Alkohol sei beispielsweise komplett verboten. „Ich trinke gerne mal ein Bier. Oder zwei“, erzähl der Bochum-Fan. Aber nicht so viel, dass er besoffen werde. „Hier ist alles lockerer und die Menschen wissen, sich zu benehmen“, erklärt Baars, der immer im Hotel Drees, Castroper Straße Nr. 263 eincheckt. „Wir kennen uns, da ist es klein, gemütlich und von dort ist man direkt am Stadion“, lacht der Holländer. Und schnell auf der Autobahn in Richtung Heimat. „Ich kaufe noch meine Brötchen beim Bäcker Risken anne Castroper und tanke meinen Wagen an der „GO“-Tankstelle. Eigentlich“, so Baars, „ist das hier meine Heimat.“ Nirgends sei es so schön wie in Bochum.
Noch sechs Jahre lang muss er in Haarlem im Finanzamt arbeiten. „Danach ziehe ich vielleicht nach Bochum. Wer weiß?“